Anfrage zu Entsorgungsmöglichkeiten von Erdaushub in Biebergemünd oder im Nahbereich, außerhalb der Gemarkungsgrenzen

Immer wieder tragen Bürger den Wunsch nach einer geregelten und kostenorientierten Entsorgungsmöglichkeit von Erdaushaub in Biebergemünd an uns heran. Die dabei ausgetauschten Informationen geben deutliche Hinweise auf einen Graumarkt mit z. T. deutlich überhöhten Entsorgungspreisen, deren Höhe auf keinem Fall auf einer Kostenbasis sondern eher auf einer verknappten privaten Verfügungsmöglichkeit beruht. Es eröffnet sich ein Blick auf einen waren Erdaushubtourismus der ökologisch und wirtschaftlich eine riesiges Verschwendungspotential generiert.

Betroffen sind dabei nicht nur viele Privatbürger sondern auch die Gemeinde selbst, die z.B. Deponiekosten – für eine umfänglich relativ durchschnittliche Baugrube am Bauplatz für das neue FW-Gerätehaus in Lanzingen – von über 200T€ nur deshalb vermeiden konnte, weil wir die Erde in Form eines Erdwalles entlang der Straßenführung zum Industriegebiet Strutt verbauen konnten. Gleichzeitig wurde bei der Erweiterung eines Betriebsgeländes in der Strutt Erdaushub aus allen Richtungen in erheblich höherem Umfang angefahren und dort eingebaut.

An vielen gemeindlichen Großprojekten wie z. B.

  • Kreiselbau zwischen Wirtheim und Kassel
  • Brückenbau über die Bieber
  • Erschließung des geplanten Neubaugebietes Burgwerksrain
  • Straßen- und Kanalbau

wird sich diese Problematik wiederholen

Alle Baugrundstücke im geplanten Neubaugebiet Burgwerksrain sind nur mit erheblichen Erdbewegungen zu erschließen und können bei ungeregelten und überteuerten Deponiekosten die Bauherren erheblichen finanziellen Zusatzbelastungen/-Risiken aussetzen.

Mit der geplanten Ausbaustrecke der Deutschen Bahn durch den MKK werden Erdbewegungen in bisher nicht gekanntem Ausmaß und über einen langen Zeitraum erforderlich.

In Vorbereitung eines möglichen Antrages zur Erarbeitung von ökologisch- und kostenoptimierten Lösungsansätzen zur Erdablagerungen bitten wir folgende Fragen zu beantworten 

  1. Mit welchen Informationen wird ein anfragender Biebergemünder Bürger zu Möglichkeiten über eine geregelte Erdablagerung versorgt? 
  1. Wie wird die Zuständigkeit für diese Auskünfte gesehen?
    1. Wie ist sie organisiert?
    2. Wie wird sie publiziert? 
  1. Gibt es eine aktuelle, offizielle Liste möglicher Erdablagerungsmöglichkeit/-Deponien inklusive der dort einforderten Preise / Preisniveaus für Biebergemünd bzw. näherer Umgebung? 
  1. Welche Kooperationsmöglichkeiten/Gespräche mit dem MKK, Nachbarkommunen und Hessenforst bestehen oder könnten entwickelt werden? 
  1. Welche rechtliche Grundlage erlaubt Erdablagerungen auf landwirtschaftlichen Flächen und in welchem Umfang? 
  1. Gibt es Überlegungen im Gemeindevorstand im Zuge des Planfeststellungsverfahren für die Schnellbahnstrecke Gelnhausen Fulda eine Mitbenutzung möglicher Erdaushubdeponieflächen zu verhandeln? 
  1. Wurde die Ausweisung einer gemeindlichen Deponie bereits einmal verfolgt (Wann/Wo)? 
  1. Was sind die die harten Argumente gegen eine Ausweisung von Erddeponieflächen in unserer Gemeinde?

Biebergemünd, 12.12.2019

Berthold Schum

SPD-Fraktionsvorsitzender

 

Antwort des Gemeindevorstandes:

Frage 1: Mit welchen Informationen wird ein anfragender Biebergemünder Bürger zu Möglichkeiten über eine geregelte Erdablagerung versorgt?

Die Entsorgung von Erdmaterial ist nicht nur in Biebergemünd, sondern auch im gesamten Main-Kinzig-Kreis sehr schwierig zu bewerten. Es besteht die Möglichkeit, Erdaushub direkt über den Main-Kinzig-Kreis, Eigenbetrieb Abfallwirtschaft, zu entsorgen. Auf den Deponien Hailer und Hohenzell wird Erdmaterial nach Absprache zu bestimmten Zeiten entgegengenommen. Dieses Material wird für Rückbau und Abdichtung der bestehenden Deponiekörper verwendet. Die Annahme von Erde ist jedoch zurzeit ausgesetzt, erst im Frühjahr ist mit einer Annahme von Erdmaterial zu rechnen. Grundlage für die Annahme von Bodenmaterial ist jedoch eine Bodenanalyse. Kleinstmengen bis 2000 l werden von Privatpersonen auf der Deponie in Hailer immer angenommen. Größere Erdaushubmengen können über die MHI, Sennefelder Str. 14, 63456 Hanau, nach Alsberg verbracht werden. Bedingung hierfür sind jedoch auch entsprechende Bodenanalysen. Es wird nur Erdmaterial mit der Bodenklasse Z0 angenommen. Weitere offizielle Möglichkeiten Erdmaterial zu entsorgen gibt es im Main-Kinzig-Kreis nicht. Beim Regierungspräsidium können noch weitere Deponiemöglichkeiten nachgefragt werden. Je nach Zuordnung der Deponien müssen den Betreibern spezifische Analysen des Erdmaterials vorgelegt werden. Entsorgung bei Baumaßnahmen der Gemeinde wird öffentlich ausgeschrieben und unterliegt den Marktpreisen.

Frage 2: Wie wird die Zuständigkeit für diese Auskünfte gesehen?

  1. a) Wie ist sie organisiert?
  2. b) Wie wird sie publiziert?

Es besteht im Rathaus die Möglichkeit einer individuellen Abfallberatung durch Herrn Samer. Weitere Hinweise sind im Müllkalender und auf der Homepage der Gemeinde einzusehen. Des Weiteren können auf der Homepage des Eigenbetriebs Abfallwirtschaft des Main-Kinzig-Kreises entsprechende Hinweise abgerufen werden. Eine Abfallberatung ist auch über den Eigenbetrieb möglich.

Frage 3: Gibt es eine aktuelle offizielle Liste möglicher Erdablagerungsmöglichkeiten/Deponien incl. der dort eingeforderten Preise/Preisniveaus für Biebergemünd bzw. nähere Umgebung?

Die Preise schwanken je nach Parameter und Auslastung der Deponie. Eine umfassende Liste von Ablagerungsmöglichkeiten/ Deponien und der Entsorgungspreise gibt es nicht. Die Entsorgung für Erdmaterial (in der Regel nur Kleinstmengen), das über den Eigenbetrieb Abfallwirtschaft entsorgt wird, beträgt für die Klasse Z0 5,00 €/t, für Z1 7,00 €/t und für Z2 22,00 €/t. Die Preise für Erdmaterial, das über die MHI entsorgt wird, beträgt für Z0 15,00 €/t. Zu diesen o.g. Entsorgungskosten kommen noch die entsprechenden Fuhr- und Kippgebühren der Fuhrunternehmen hinzu. Erdmaterial mit einer anderen Einstufung muss auf speziellen Deponien gebracht werden. Diese sind beim Regierungspräsidium oder bei der HIM GmbH in Biebesheim zu erfragen.

Frage 4: Welche Kooperationsmöglichkeiten/ Gespräch mit dem Main-Kinzig-Kreis, Nachbarkommunen und Hessen-Forst bestehen und könnten entwickelt werden?

Es gibt keine Kooperationsmöglichkeiten, da die Anforderungen an deponiefähigem Gelände durch gesetzliche Auflagen extrem hoch sind. Weder Hessen-Forst noch Nachbarkommunen sehen eine Möglichkeit für eine Erddeponie in ihrem Gemarkungsbereich. Ein entsprechendes Genehmigungsverfahren kann sich bis zu 10 Jahren ausdehnen.

Frage 5: Welche rechtlichen Grundlagen erlauben Erdablagerungen auf landwirtschaftlichen Flächen und in welchem Umfang?

Erdablagerungen auf landwirtschaftlichen Flächen ist nur auf bewirtschafteten Ackerflächen möglich, wenn es sich um Material handelt, dass sich zur Bodenverbesserung eignet. Es kommt hierfür nur humoser Mutterboden in Betracht. Eine Aufbringungshöhe von mehr wie 10 cm ist nicht erlaubt. Die Genehmigung erfolgt durch die Untere Naturschutzbehörde für Erdmengen der Bodenklasse Z0. Auf Wiesen oder Brachflächen ist das Aufbringen von Erdmaterial ohne Genehmigung nicht möglich.

Frage 6: Gibt es Überlegungen im Gemeindevorstand im Zuge des Planfeststellungsverfahrens für die Schnellbahnstrecke Gelnhausen Fulda, eine Mitbenutzung möglicher Erdaushubdeponieflächen zu verhandeln?

Diese Anregung sollte unbedingt weiterverfolgt werden.

Frage 7: Wurde die Ausweisung einer gemeindlichen Deponie bereits einmal verfolgt (wann/wo).

Diese Frage kann mit ja beantwortet werden. 1981 wurde eine genehmigte Erdaushub- und Bauschuttdeponie in Bieber (Galgenberg) verfüllt und musste geschlossen werden. Es wurde damals versucht, die Deponie in Bieber zu erweitern. 1988 wurde der Main-Kinzig-Kreis gebeten, das Genehmigungsverfahren zur Erweiterung der Deponie auf ein Lagervolumen von rund 12.000 m³ durchzuführen. Es wurde damals ein Ingenieurbüro beauftragt, hierzu Voruntersuchungen und eine Genehmigungsplanung vorzubereiten. Parallel wurden 3 weitere Standorte für Erdaushub- und Bauschuttdeponie in Biebergemünd untersucht.

  1. Erdauffüllung in der Gemarkung Wirtheim innerhalb des Grundstückes Seitz zwischen der A66 und der L 3333 an der Gemarkungsgrenze zu Höchst.
  2. Eine Bodenaushub- und Bauschuttdeponie in der Gemarkung Wirtheim zwischen der A 66 und der Fa. Engelbert Strauß.
  3. Eine Erd- und Bauschuttdeponie im Ortsteil Kassel, im Bereich der Hungerbornhohle. Aufgrund von Bedenken hinsichtlich der Naturschutzbelange bzw. der Hochwassersicherung kamen die weiteren Standorte nicht weiter in Betracht. Alle vorbezeichneten Standorte befanden sich in Landschaftsschutzgebieten und waren grundsätzlich nicht genehmigungsfähig. Es konnte lediglich das Genehmigungsverfahren der Erdaushubdeponie in Bieber weiterverfolgt werden.

Frage 8: Was sind die harten Argumente gegen eine Ausweisung von Erddeponieflächen in unserer Gemeinde?

Nach Einschätzung des Planungsbüros für Städtebau göringer_hoffman_bauer dürfte die Ausweisung einer Erdaushubdeponie in Biebergemünd aufgrund der landschaftlichen Lage und Naturraumausstattung des Gemeindegebietes sehr schwierig sein und einen erheblichen planerischen Aufwand mit sich ziehen. Hierzu wäre für das Gemeindegebiet zunächst erstmal eine Standortdiskussion zu führen. Hinsichtlich der hohen ökologischen Bedeutung weiter Teile des Gemeindegebietes aber auch aus Gründen des Immissionsschutzes (Verkehrslärm, Staub) dürfte es schwierig sein, hierfür potenziell geeignete Flächen zu identifizieren. Weite Teile des Gemeindegebietes stellen sich als Natura-2000 Gebiete oder als Waldflächen mit besonderen Schutzfunktionen dar. Darüber hinaus sind viele Flächen als gesetzlich geschützte Biotope oder als Wasserschutz- und Überschwemmungsgebiete geschützt. Auch hinsichtlich des Artenschutzes besitzen weite Teile des Gemeindegebietes eine besondere Rolle. Durch den Betrieb einer Erdaushubdeponie würde sich eine Vielzahl von anlage- und betriebsbedingten behördlichen Aufgaben ergeben, die aufgrund der hohen ökologischen Bedeutung des Gemeindegebietes teilweise erhebliche Auswirkungen auf verschiedene Schutzgüter (wie Mensch, Boden, Wasser, Landschaftsbild, Flora und Fauna) erwarten lassen. Genehmigungsbehörde für Erdlagerstätten ist das Regierungspräsidium Darmstadt. In den letzten Jahrzehnten wurden konsequent die kleinen Deponien stillgelegt, da die Anforderung hinsichtlich des Betriebes bzw. der Genehmigung erheblich gestiegen sind. Dies trifft auch auf gewerbliche Entsorgungseinrichtungen, der MHI, zu. So teilte die MHI auf Anfrage mit, dass für den Steinbruch in Breitenborn zurzeit keine Genehmig für die Entsorgung von Erdmaterial durch das Regierungspräsidium erteilt wurde, da eine Vielzahl von Auflagen zu erfüllen sind. Wann in diesem Bereich wieder Erde verfüllt werden kann, ist derzeit nicht absehbar. Das Regierungspräsidium teilte auf Anfrage ebenfalls mit, dass recht hohe Genehmigungshürden für eine Erddeponie zu nehmen sind. Weiterhin wurde darüber informiert, dass eine Deponie

in Biebergemünd denkbar wäre, sofern die Zulassungsvoraussetzungen vorliegen. Diese Zulassungsvoraussetzungen sehen jedoch vor, dass grundsätzlich ein Planfeststellungsbeschluss für eine Deponie erteilt wurde. Dies geschieht nur, wenn alle Voraussetzungen des § 36 Kreislaufwirtschaftsgesetz erfüllt wurden. Im Übrigen liegt die Entscheidung im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Planfeststellungsbehörde (Regierungspräsidium). Das Kreislaufwirtschaftsgesetz § 34 ff. und die Deponieverordnung enthalten die maßgeblichen Vorschriften zur Errichtung einer Deponie. Des Weiteren dürfe die Errichtung und der Betrieb einer Deponie raumplanerische Erfordernisse (Landesplanung, Regionalplanung) nicht entgegenlaufen. Daneben gelten noch die Festlegungen des Abfallwirtschaftsplans Hessen. Die abfallrechtlichen Anforderungen an den Standort, die geologischen Barrieren und die technischen Ausführungen der Anlage bestimmen sich nach den Anforderungen des Deponierechts. Bei der Deponierung von unbelastetem Erdaushub handelt es sich in der Regel um eine Deponierung der Deponieklasse Z0. Für Biebergemünd ist jedoch erschwerend noch zu beachten, dass aufgrund der anthropogenen Bodenbelastungen (ehemaliger Bergbau in Teilen von Biebergemünd) der Bodenaushub unterschiedlich im Gemeindegebiet zu bewerten sei und letztendlich auch auf unterschiedlichen Deponieklassen entsorgt werden muss. Deponien werden im Zuge eines abfallrechtlichen Planfeststellungsverfahrens mit Öffentlichkeitsbeteiligung genehmigt. Im Vorfeld ist für die Information und Einbindung der Bürger eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 25 Abs. 3 des Hessischen Verwaltungsverfahrensgesetzes durchzuführen.